Key View

Zinswende ohne Rezession in den USA – Die (nahezu) beste aller Börsenwelten

Hohe Gewinndynamik der US-Unternehmen im Soft-Landing-Szenario

 

  • Die Fed hat sich dem globalen Zinssenkungszyklus angeschlossen und dürfte wie die EZB in diesem Jahr noch zwei Mal die geldpolitischen Zügel lockern.
  • In unserem Kernszenario gelingt analog zum Fed-Zinssenkungszyklus Mitte der 1990er Jahre ein Soft-Landing der US-Wirtschaft. 
  • Zwar stützen fallende Zinsen die Bewertungen an den Aktienmärkten, aber der wesentliche Performance-Treiber sollte weiterhin die positive Gewinndynamik gerade in den USA sein. 
  • Unser Aktienfokus bleibt auf den USA, auch weil die Liquiditätsmaßnahmen in China nur einen kurzfristigen, positiven Effekt haben sollten und in Europa die Wachstumsdynamik nach unten gerichtet ist.

  • Der derzeitige Zinssenkungszyklus ist aber auch der bislang am stärksten antizipierte, so dass am Anleihenmarkt wenig Raum für weiter fallende Zinsen gerade am langen Ende der Zinsstrukturkurven besteht.

  • Im Euro-Dollar-Kurs erwarten wir unverändert für 2025 die Parität.

  • Das größte Risiko für unseren positiven Ausblick ist eine unserer Ansicht nach nur noch schwer abwendbare, strukturelle Eskalation des Konflikts im Nahen Osten, mit noch nicht abschätzbaren Folgen für den Ölpreis und die Finanzmärkte. 

 

Wer nicht senkt zur rechten Zeit, dem am Ende nur ein großer Zinsschritt übrig bleibt. Mit 50 Basispunkten leitete die Federal Reserve als letzte der Großen im September die Zinswende ein. Und auch wenn der Schritt auf den ersten Blick nach Abwendung von Rezessionsgefahren aussieht, wir sehen ihn als reine Nachhol-Aktion für die im Juli noch aufgeschobene Senkung. In das von uns erwartete Soft-Landing-Szenario der US-Wirtschaft passt ein weiterhin robuster Arbeitsmarkt, der im September eine Viertel Million neue Stellen geschaffen hat. Dennoch wird die fallende Inflation den Notenbanken erlauben, die Zinsen in den USA und erst recht in der Eurozone weiter zu senken. Während der globale Zinssenkungszyklus die Bewertungen stützt, sorgt die anhaltende Gewinndynamik gerade der US-Unternehmen für attraktive Rahmenbedingungen am Aktienmarkt. Risiko bleibt aber ganz klar die Situation im Nahen Osten, wo der Konflikt jederzeit weiter eskalieren kann – mit Folgen für den Ölpreis und entsprechenden negativen Auswirkungen auf die Finanzmärkte. 

 

Wachstum, Inflation & Geldpolitik 

Der globale Wachstumshintergrund hat sich im dritten Quartal wenig verändert. Die US-Wirtschaft wächst mit ca. 2,5 Prozent zwar etwas langsamer als im Vorquartal, bleibt damit aber immer noch der „Wachstums-Leuchtturm“. Von Europa und China gingen hingegen aufgrund der unverändert großen strukturellen Probleme wenig positive Wachstumsimpulse aus. Der weitere Rückgang der Inflation hat es der Federal Reserve als letzte der „großen“ Notenbanken erlaubt, sich im September mit einem großen Zinsschritt von 50 Basispunkten in den globalen Zinssenkungszyklus einzureihen.

“Auch wenn es stimmt, dass die US-Notenbank in der Vergangenheit oftmals die Zinsen zu spät gesenkt hat und eine Rezession nicht abwenden konnte, bleiben wir für diesen Zyklus weiterhin im Lager derjenigen, die statt einer Rezession ein Soft-Landing der US-Wirtschaft erwarten.” 

Damit dürfte die von uns prognostizierte Entwicklung eher dem Lockerungszyklus der Fed in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre gleichen – wir hatten in unserer Key View zum dritten Quartal bereits auf die hohen Ähnlichkeiten zwischen heute und damals hingewiesen:  

  • Eine starke US-Wirtschaft, aber schwaches Wachstum im Rest der Welt; 

  • ein Technologieboom (Internet damals gegenüber KI heute); 

  • steigendes Wachstum der Arbeitsproduktivität; 

  • und eine anhaltende Disinflation.

Entscheidend für den positiven Ausblick sind die Verbesserungen auf der Angebotsseite der US-Ökonomie. Das hohe Produktivitätswachstum hält trotz gesundem Lohnwachstum die Lohnstückkosten (und damit den Inflationsdruck) niedrig, während Gewinne und Konsum gestützt werden. So kann trotz starker Nachfrage die Inflation fallen und damit die US-Notenbank die Zinsen weiter senken. Auch das Argument, der sich abschwächende Arbeitsmarkt würde die Wirtschaft in eine Rezession führen, überzeugt uns nicht. Der leichte Anstieg der Arbeitslosigkeit seit 2023 wird stark durch ein steigendes Arbeitsangebot getrieben, was auch noch immer eine Corona-Normalisierungsfolge ist. Es ist aber nicht so, dass die Nachfrage nach Arbeit massiv sinkt und es eine Entlassungswelle gibt, die auf eine mangelnde Arbeitsnachfrage hindeutet. Zudem haben in der Vergangenheit zumeist systemische Verwerfungen aufgrund des vorausgegangenen Zinserhöhungszyklus eine Rezession ausgelöst. Solche sind bislang nicht zu erkennen und es bleibt damit unser Kernszenario, dass analog zum Zinssenkungszyklus Mitte der 1990er Jahre das Soft-Landing gelingt und sich eine positive Kapitalmarktphase anschließt. 

Asset Allocation

Die Rahmenbedingungen für Risiko-Assets bleiben somit auch im vierten Quartal attraktiv. Einerseits sollten die global weiter fallenden Inflationsraten den Notenbanken erlauben, die Zinsen zu senken. Die EZB wird im Oktober, die Fed im November um weitere 25 Basispunkte lockern und vermutlich werden beide Notenbanken diesem Schritt zum Ende des Quartals einen weiteren Schritt folgen lassen. Zwar stützt der globale Zinssenkungszyklus die Bewertungen an den Aktienmärkten, aber der wesentliche Performancetreiber sollte erneut die positive Gewinndynamik gerade in den USA sein. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass die Erwartungen für die Berichtssaison zum dritten Quartal mit einem Gewinnwachstum von nur 4,2 Prozent im S&P 500 gegenüber Vorjahr recht niedrig sind. 

Dieser Wert sollte leicht übertroffen werden, da das noch immer robuste Nominalwachstum (ca. 5,5 Prozent in Q3) in Verbindung mit dem hohen Produktivitätswachstum und der Margenstärke die Gewinnentwicklung stützt und die US-Wirtschaft wie beschrieben keine Nachfrageschwäche zeigt. 

Für uns bleibt somit eine weitere Übergewichtung der Aktienmärkte fundamental geboten, zumal der Ausblick für die Bondmärkte lediglich neutral ist. Es gab in der Vergangenheit noch nie eine so starke Antizipation eines Zinssenkungszyklus wie derzeit, so dass wenig Raum für weiter fallende Zinsen gerade am langen Ende der Zinsstrukturkurven besteht (siehe Kapitel Anleihen). 

Aktien

Der US-Aktienmarkt bleibt für uns weiterhin der Investitions-Hotspot. Die beschriebene Position der US-Wirtschaft bzw. des Unternehmenssektors ist derzeit global einzigartig und so in keinem anderen Wirtschaftsraum anzutreffen. Dies rechtfertigt die vergleichsweise hohen Bewertungen von US-Aktien im internationalen Vergleich, wobei die Bewertungen hier sehr stark von den Technologieschwergewichten nach oben gezogen werden. Der S&P 500 Equal Weight Index handelt mit einem Forward-P/E von 19, was keinesfalls zu teuer erscheint. Deshalb investieren wir in der Breite in den US-Markt auch außerhalb von Technologie. Interessant sind hier vor allem defensive- und Dividendentitel, aber auch Financials und Immobilienaktien (Reits). Aber auch für den Technologiebereich sind wir nicht negativ. Auch wenn sich die großen Gewinnüberraschungen nach oben aus den ersten beiden Quartalen 2024 vermutlich nicht wiederholen lassen, besticht Big-Tech durch seine Margenstärke und die unveränderte Relevanz von KI als Investmentthema. Auch hier erwarten wir, dass die Gewinnerwartungen im dritten Quartal tendenziell übertroffen werden und der Sektor seinen Anteil an den Gewinnen im Gesamtindex weiter ausbaut. 

Außerhalb der USA fällt zunächst der Fokus auf China und die Frage, ob die Stützungsmaßnahmen von Notenbank und Regierung ausreichen, um eine nachhaltige Aufwärtsbewegung am chinesischen Aktienmarkt zu begründen. Wir sind skeptisch und vermuten, dass es sich eher um einen kurzfristigen Effekt handelt. Die strukturellen Probleme Chinas sind so groß und vielfältig, als dass sie sich mit diesen Maßnahmen lösen lassen könnten (Macro View „China bleibt No-Investment“). Für einen nachhaltigen Erfolg bedarf es weiterer fiskalischer Unterstützung und vor allem eines glaubwürdigen Bekenntnisses der Regierung gegenüber Investoren, dass sich China weiterhin für liberale Reformen und eine Stärkung des Unternehmertums einsetzt. Wir bezweifeln, dass Präsident Xi – ein überzeugter Leninist – dies liefern wird. Wir bezweifeln ebenso das oftmals angeführte Kaufargument, dass chinesische Aktien sehr billig seien. Der CSI 300 handelt nach der jüngsten Rally auf einem P/E von fast 17 und zeigt damit gegenüber dem S&P 500 Equal Weight einen Bewertungsabschlag von nur gut zehn Prozent. Seit der Übernahme von Premier Xi 2013 lag dieser durchschnittlich bei rund 20 Prozent, d.h. aktuell sind chinesische Aktien so gesehen sogar teuer. 

“ Die politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen rechtfertigen einen Bewertungsabschlag chinesischer gegenüber US-Aktien von mindestens 20 bis 30 Prozent.” 

Neben China überzeugt uns auch der zweite große Non-US-Markt, Europa, wenig. Die Wachstumsdynamik zeigt weiter bergab und die hohe Abhängigkeit von Energieimporten bleibt ein Schwachpunkt, gerade vor dem Hintergrund einer möglichen Ölpreiskrise im Zuge der zunehmenden Spannungen im Nahen Osten. Die schwache Profitabilität des Unternehmenssektors sowie die hohe Abhängigkeit von Exporten sind hinreichend thematisiert und lassen Europa gerade im Fall eines Wahlsieges von Trump als anfällig zurück. Folglich finden sich in unseren Portfolien weiterhin hauptsächlich US-Aktien, China sowie Europa werden nicht explizit investiert. 

Renten

Ohne Zweifel generiert ein Umfeld fallender Notenbankzinsen für die Anleihenmärkte zunächst Rückenwind. Richtig ist aber auch, dass der derzeitige Zinssenkungszyklus der Notenbanken (primär Fed und EZB) der bislang am stärksten antizipierte ist, den es historisch gegeben hat. Für beide Notenbanken erwartet der Markt, dass bis Ende 2025 die Zinsen um gut 150 Basispunkte auf 3,25 Prozent in den USA und unter zwei Prozent in der Eurozone gesenkt werden. Wir stimmen zwar mit dieser Erwartung weitgehend überein, in unserem Szenario eines Soft-Landing der US-Wirtschaft sollten die Zinsen aber nicht noch stärker gesenkt werden. Vielmehr ist es gut möglich, dass gerade die US-Notenbank nicht ganz so stark senken wird wie derzeit erwartet. 

Somit ist auch schwer zu prognostizieren, dass gerade im mittleren und längeren Bereich der Bund- und US-Treasury-Kurve die Renditen noch deutlich tiefer fallen können, als dies derzeit der Fall ist. Damit bleibt primär der Kupon die Performancequelle, was gerade Bunds mit einer Rendite von 2,2 Prozent im 10-jährigen Bereich nicht besonders attraktiv erscheinen lässt. Für 10-jährige US-Treasuries stehen immerhin vier Prozent zu Buche, so dass wir US-Treasuries ggü. Bunds - auch aufgrund unseres positiven Ausblicks für den US-Dollar – bevorzugen.  

Bei Unternehmensanleihen legen wir wegen der schon weit fortgeschrittenen Spread-Kompression unseren Fokus auf kurze Laufzeiten. Risikoadjustiert ist dieser Bereich mit den immer noch gegebenen Renditeaufschlägen bei wenig Duration am interessantesten. Insgesamt ist damit die Duration im Rentensegment bestenfalls neutral, mit dem Tilt zu längerer Duration bei Staatsanleihen und kurzer Duration bei Unternehmensanleihen. 

Währungen

Eine weitere Parallele zum Investitionsumfeld der zweiten Hälfte der 1990er Jahre ist der starke US-Dollar. Dieser reflektiert die starke Position der US-Wirtschaft bzw. die Superiorität der Returns von US-Assets gegenüber den globalen Peers, die eine wesentliche Quelle der Dollar-Nachfrage ist. Zwar stimmt es, dass der Trend des US-Defizits besorgniserregend ist, aber es ist nicht abzusehen, dass eine andere „Papierwährung“ dem US-Dollar den Rang abläuft. Potenziell können zwar alternative Anlagen wie Gold profitieren, im Verhältnis zum Euro aber erwarten wir unverändert, dass 2025 die Parität zwischen beiden Währungen erreicht wird. 

Risiken 

Das größte Risiko für unseren positiven Ausblick ist der Konflikt im Nahen Osten, zumal wir davon überzeugt sind, dass dieser strukturell eskalieren wird. Die Auswirkungen auf die Finanzmärkte werden davon abhängen, in welchem Tempo und mit welchen Auswirkungen auf den Ölpreis diese Eskalation vonstatten geht. Der derzeitige Ölpreisanstieg in Richtung 80 US-Dollar pro Barell ist noch unproblematisch. Sollten die Preise allerdings auf 95 bis 100 Dollar steigen, würden sowohl Aktien als auch Anleihen deutlich nach unten korrigieren, um der steigenden Inflation- bzw. dem Stagflationsrisiko Rechnung zu tragen. In jedem Fall aber sind ölimportierende Länder/Regionen wie Europa in diesem Szenario deutlich anfälliger als ölexportierende Länder wie die USA. Insofern ist unser starker US-Fokus in der Asset Allocation auch mit dem Ziel vereinbar, für den Eskalationsfall ein möglichst robustes Portfolio aufzuweisen. 

Dr. Eckhard Schulte

Fondsmanager

Seit Beginn seiner beruflichen Laufbahn im Jahr 1996 beschäftigt er sich mit makroökonomischen Analysen und den Rentenmärkten.

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