- Die Abkühlung am US-Arbeitsmarkt in den USA und eine rapide fallende Inflation machen den Weg für die Fed frei, sich im September in den globalen Zinssenkungszyklus einzureihen, eine zweite Senkung sollte im Dezember folgen.
- Das „Soft Landing“ der US-Wirtschaft bleibt das wahrscheinlichste Szenario, auch weil das verbesserte Produktivitätswachstum trotz Lohnsteigerungen die Margen und damit die Unternehmensgewinne weiterhin stützt.
- Mit weiter sinkenden Zinsen bleibt das günstige Umfeld für Risiko-Assets bestehen. Die hohe KI-Nachfrage sowie die strukturelle Margenstärke belassen US-Big-Tech in einer starken Position, während Aktiensegmente mit niedrigeren Bewertungen attraktiver werden. Es ist an der Zeit, auch US-Small Caps ins Portfolio aufzunehmen.
Mit der fortschreitenden Disinflation und dem an Breite gewinnenden Zinssenkungszyklus verbessern sich die Ertragsperspektiven für sichere Staatsanleihen mit Laufzeiten zwischen fünf und zehn Jahren.
Der US-Dollar sollte weiter Stärke zeigen, auch weil die EZB die Zinsen um rund 150 Basispunkte stärker senken wird als die Fed, was mit einer Parität im Wechselkurs kompatibel wäre.
US-Aktien bleiben Investitions-Hotspot - Die Zeit für Small Caps ist gekommen
Wachstum, Inflation & Geldpolitik
Im zweiten Quartal haben sich die Risiken für die US-Wirtschaft um 180 Grad gedreht. Sorgte sich der Markt im Frühjahr noch über zu hohes Wachstum und Inflation und befürchtete ein Ausbleiben der Zinswende in diesem Jahr, besteht das Risiko nun in einer zu schnellen konjunkturellen Abschwächung. Der Arbeitsmarkt zeigt deutliche Spuren einer Abkühlung und die Inflation hat nach einer Pause im Frühjahr zuletzt wieder deutlich nachgelassen. Die letzten Meter zum Zwei-Prozent-Ziel der US-Notenbank werden eher einem Sprint als einem Marathon gleichen. Damit ist der Weg für die Fed frei, sich im September in den Zinssenkungskanon einzureihen, möglicherweise sogar mit einer Zinssenkung um 50 Basispunkte. Eine zweite Zinssenkung sollte spätestens im Dezember folgen.
“Die Fed wird sich im September in den Zinssenkungskanon einreihen, möglicherweise sogar mit einer Senkung um 50 Basispunkte.”
Wie groß ist das Risiko, dass die Fed zu spät handelt und die US-Wirtschaft in eine Rezession abgleitet? Aus unserer Sicht eher gering. Zwar sollte sich das reale Wirtschaftswachstum in der zweiten Jahreshälfte auf unter zwei Prozent abschwächen. Hauptgründe dafür sind neben den hohen Zinsen der ausbleibende Fiskalimpuls sowie die wieder ansteigende Sparquote. Mit einem schwächeren Arbeitsmarkt sollte zudem der Konsum an Kraft verlieren. Dennoch bleibt das „Soft Landing“ das wahrscheinlichste Szenario, auch wenn es historisch selten gelungen ist. Eine Rezession ging in der Vergangenheit immer mit Finanzmarktverwerfungen einher, die durch zu hohe (Notenbank)-Zinsen ausgelöst wurden. Vor gut einem Jahr waren die USA mit der Regionalbankenkrise und der Insolvenz der SVB sehr nah an diesem Punkt. Allerdings ist es der Fed gelungen, mit Liquiditätshilfen eine systemische Krise zu verhindern. Im Moment sehen wir in der US-Wirtschaft keinen unmittelbaren Schwach- bzw. Angriffspunkt für eine systemische Verwerfung, während die nahenden Zinssenkungen für Entlastung sorgen sollten. Unterstützung erhält die US-Wirtschaft zudem durch das deutlich verbesserte Produktivitätswachstum, was trotz Lohnsteigerungen die Margen und damit die Unternehmensgewinne stützt.
Im globalen Kontext bleiben die USA die stärkste Volkswirtschaft, folglich ist um die USA herum der Zinssenkungszyklus bereits voll im Gange. Die EZB, SNB, Bank of Canada und Riksbank haben bereits die Zinsen gesenkt und weitere Schritte werden folgen. In der Eurozone stagniert die Wirtschaft unverändert und die EZB dürfte noch zwei weitere Zinssenkungen in diesem Jahr vornehmen. In China bleibt das Umfeld ungünstig. Der Kollaps im Immobiliensektor hält unverändert an, das Land ist gefangen in einem Umfeld aus einer Implosion im Immobiliensektor, einem Nachfragemangel und Disinflation. Gleichzeitig zeigt die Regierung hier wenig Ambitionen, entscheidende Stimulationsprogramme auf den Weg zu bringen.
Asset Allocation
Die Weltwirtschaft sollte in der zweiten Jahreshälfte um rund drei Prozent real wachsen, womit das Nominalwachstum rund sechs Prozent betragen dürfte. Dies sollte in der Breite die Unternehmensgewinne stützen, was in Verbindung mit dem globalen Zinssenkungszyklus ein weiterhin günstiges Umfeld für Risiko-Assets schafft. Zwar sind die Bewertungen gerade im Technologiebereich nicht mehr günstig. Der wesentliche Punkt aber ist, dass auch ein Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von gut 30 im Nasdaq 100 unproblematisch ist, solange das Zinsniveau bzw. die Zinsvolatilität nicht spürbar ansteigen. Dies aber ist in einem Zinssenkungszyklus nicht zu erwarten. Zudem sind die strukturellen Verbesserungen auf der Angebotsseite gerade in der US-Wirtschaft ein positiver Faktor für Aktien, da das stärkere Produktivitätswachstum die Lohnstückkosten niedrig hält und so Margen und Gewinne der Unternehmen stützt. Das von uns beschriebene Makroumfeld spricht grundsätzlich auch in diesem Quartal dafür, eine überdurchschnittliche Risikoauslastung in den Portfolien zu implementieren.
Aktien
Der US-Aktienmarkt bleibt für uns der Investitions-Hotspot. In vielerlei Hinsicht ist das heutige Umfeld in den USA mit der zweiten Hälfte der 1990er Jahre vergleichbar. Auch damals haben Disinflation, Produktivitätswachstum, eine starke Wirtschaft sowie ein technologiegetriebener Investitionsboom zu einer Marktkonzentration in einigen Aktien geführt. Die „Magnificent Seven“ von heute waren damals die „Four Horsemen“: Cisco, Dell, Microsoft und Intel. Damals wie heute war die starke Position der USA im globalen Kontext einzigartig. Im heutigen Zyklus ist die Gewinndynamik im Technologiebereich noch deutlich stärker, so dass die Rally in den Mag 7-Titeln eher über die Gewinne als über die Bewertungen getrieben werden. Und im breiten Markt hat in den vergangenen Monaten gar keine Ausweitung der Bewertungen stattgefunden, so dass hier argumentiert werden kann, dass US-Aktien in der Breite keinesfalls teuer sind. So zeigen Small Caps extrem günstige Bewertungen nicht nur gegenüber Large Caps, sondern auch absolut auf.
In einem „Soft Landing“-Szenario mit noch immer hohem Nominalwachstum sowie einer starken Position der US-Wirtschaft hinsichtlich Produktivitätswachstum und KI-getriebener Gewinnstärke sind alle Voraussetzungen für eine Fortsetzung des Bullenmarktes gegeben. Insbesondere im Technologiesektor könnte dieser Weg zwar perspektivisch in eine Blase führen, aber noch ist der Markt nicht an dem Punkt. Die Fed-Zinssenkungen sowie die Verlangsamung des Liquiditätsentzuges werden der nächste Katalysator der Aufwärtsbewegung sein. Zudem erwarten wir auch im dritten Quartal bei den KI-Profiteuren gute Gewinnzahlen. Die Nachfrage sowie die strukturelle Margenstärke belässt US-Big-Tech in einer starken Position. Trotz der Kursdynamik der vergangenen Wochen sehen wir keinen Grund, unsere Investments in diesem Bereich zurückzufahren. Rücksetzer bleiben für uns Kaufgelegenheiten. Aber auch der breitere US-Markt ist für uns attraktiv. Es macht Sinn, nach Aktiensegmenten mit niedrigeren Bewertungen Ausschau zu halten, um einen höheren Risikopuffer im Portfolio zu erreichen. Faktorseitig sind Dividendentitel (Quality Dividend) attraktiv, sektorseitig runden Versorger, Gesundheit und Konsumgüterhersteller unsere Allokation ab. Es ist ebenso an der Zeit, erste Allokationen in US-Small Caps vorzunehmen.
“Trotz der Kursdynamik der vergangenen Wochen sehen wir keinen Grund, unsere Aktieninvestments zurückzufahren. Rücksetzer bleiben für uns Kaufgelegenheiten.”
Regional hat sich Europa im zweiten Quartal deutlich schwächer entwickelt als der US-Markt und unsere Untergewichtung bestätigt. Hier ändert sich an unserer Einschätzung nichts – die Spannungen um die Wahl in Frankreich haben erneut einen der Schwachpunkte Europas aufgezeigt: Der Euro ist und bleibt kein optimaler Währungsraum und leidet unter nicht vollintegrierten Finanzmärkten, weshalb politische Spannungen jederzeit auf diese und damit auch auf die Wirtschaft überschwappen können. Weitere Schwächen sind die Abhängigkeit von Energieimporten, eine Unterrepräsentanz des Technologiebereichs und eine strukturell deutlich schwächere Profitabilität des Unternehmenssektors z.B. im Vergleich zu den USA. Es ist daher wenig wahrscheinlich, dass sich am Trend der Underperformance europäischer Aktien gegenüber der Wall Street etwas ändern wird. Somit bleibt es regional bei unserem US-Fokus. Japan ist durch die notenbankindizierte Yen-Schwäche wenig interessant und China bleibt aufgrund seiner fundamentalen Probleme auf der Aktienseite kein relevanter Zielmarkt.
Renten
An den Rentenmärkten verbessern sich die Ertragsperspektiven für sichere Staatsanleihen. Mit der fortschreitenden Disinflation und dem an Breite gewinnenden Zinssenkungszyklus sollten diese Unterstützung finden. Gerade in Europa hat der Markt in diesem Jahr die Erwartung von Zinssenkungen vor allem für 2025 deutlich ausgepreist. Wir bleiben bei unserer seit langem geäußerten Meinung, dass der neutrale EZB-Zins in der Eurozone nicht signifikant höher als vor der Corona-Pandemie ist und in keinem Fall über zwei Prozent liegen sollte. Damit ergibt sich perspektivisch ein deutliches Zinssenkungspotential. Die schwache Position der deutschen Wirtschaft sowie die restriktive Fiskalpolitik könnten die EZB zwingen, zur Jahreswende den Zinssenkungszyklus zu beschleunigen. Wir empfehlen somit die Duration in den Laufzeiten zwischen fünf und zehn Jahren zu erhöhen. Länger laufende Bonds bleiben unattraktiv, da das lange Ende eine langfristige geldpolitische Normalisierung weitgehend reflektiert.
Bei Unternehmensanleihen legen wir aufgrund der schon weit fortgeschrittenen Spread-Kompression unseren Fokus auf kurze Laufzeiten. Risikoadjustiert ist dieser Bereich mit den immer noch gegebenen Renditeaufschlägen bei wenig Duration am interessantesten. High Yield-Anleihen haben wir aufgrund der starken Spread-Kompression deutlich reduziert. Insgesamt ist damit die Duration im Rentensegment neutral, mit dem Tilt zu längerer Duration bei Staatsanleihen und kurzer Duration bei Unternehmensanleihen.
Währungen
Eine weitere Parallele zum Investitionsumfeld der zweiten Hälfte der 1990er Jahre ist der starke US-Dollar. Trotz der hohen Defizite bleibt die Superiorität der Returns von US-Assets gegenüber den globalen Peers die Quelle der Dollar-Nachfrage. Zudem sollten sich die geldpolitischen Wege von Fed und EZB in den kommenden 24 Monaten deutlich trennen. Derzeit erwartet der Markt, dass die Leitzinsen in der Eurozone und in den USA in den kommenden zwei Jahren ähnlich stark gesenkt werden. Diese Erwartung ist unrealistisch. Wir prognostizieren, dass die EZB um rund 150 Basispunkte stärker senken wird als die Fed – dies wäre dann mit einer Parität im Wechselkurs kompatibel.