Ohne Frage ist es die richtige Entscheidung, die Zinsen weiter zu senken. Aber es ist schon bezeichnend, wie die EZB ihre Entscheidungen trifft. Noch im September hieß es von Lagarde, dass der Oktober als Zinssenkungstermin eher unwahrscheinlich ist. Folglich hat nun eine um etwa 0,2 Prozentpunkte tiefer als erwartete Inflationsrate eines abgelaufenen Monats das Blatt gedreht. Nun wissen wir also, was die EZB mit „datenabhängiger Politik“ meint: ein alleiniges Ausrichten der Geldpolitik an den Inflationsdaten der Vergangenheit.
"Auf diese Art Geldpolitik zu betreiben, ist wenig überzeugend. "
Die Inflation von gestern sollte für die Geldpolitik von heute keine Rolle spielen, denn der Transmissionszeitraum der Geldpolitik beträgt mindestens zwölf, eher 24 Monate. Und hier gilt es zu konstatieren, dass die Geldpolitik der EZB noch immer hyper-restriktiv ist. Im Unternehmenssektor gibt es kaum Produktivitätswachstum und die Finanzierungskosten sind für dieses Umfeld viel zu hoch. In der Folge sind Kreditnachfrage und Investitionen schwach und die Wirtschaft kann nicht wachsen. Natürlich bedeutet dies in der Konsequenz früher oder später auch tiefere Inflationsraten (ja, auch in der Dienstleistungsinflation), so dass die EZB hier wenig Sorge haben sollte.
Um es klar zu sagen, die EZB ist nicht die alleinige bzw. Hauptschuldige an der schwachen Performance der Euro-Wirtschaft – aber etwas mehr Weitsicht und ein schnelles Zurückführen der Zinsen mindestens in den neutralen Bereich wären wünschenswert.