Key View

USA weiter vor Europa und China – Aber Bewertungen mahnen zur Vorsicht

Gewinnerwartungen ambitioniert, dennoch realistisch, mit wenig Raum für Enttäuschungen

  • Eine immer noch robuste US-Wirtschaft dürfte auch 2025 von einem moderaten Rückgang der Inflation und Fed-Zinssenkungen begleitet werden. 

  • Deregulierung und Steuersenkungen durch die Trump-Administration sorgen für Fantasie, Zölle bleiben zwar Risiko, insgesamt aber dürften die positiven Effekte überwiegen.

  • Für Europa gilt dies unverändert nicht – die Wirtschaft zeigt keine Dynamik und die Arbeitsproduktivität stagniert. China bleibt in Disinflation und Nachfragemangel gefangen.

  • Trotz inzwischen hoher Bewertungen und im Fall des S&P 500 negativer Risikoprämien bleibt der US-Aktienmarkt für uns erste Wahl. 

  • In den derzeit niedrigen Bewertungen von Europas Aktien könnte 2025 eine Chance liegen. Ein Auslöser, sie zu heben, wäre eine Verhandlungslösung im Ukraine-Konflikt.

  • Der Anleihemarkt ist zwar gegenüber dem Aktienmarkt günstig bewertet, erscheint aber absolut betrachtet auch nur mittelmäßig attraktiv. 

  • Für das Währungspaar Euro/US-Dollar bleiben wir bei unserer Prognose von vor einem Jahr, dass die US-Währung 2025 die Parität gegenüber dem Euro erreichen wird.

Die Reaktion der Finanzmärkte auf die letzte Zinssenkung der US-Notenbank gibt bereits einen Vorgeschmack darauf, wohin die Reise in diesem Jahr gehen könnte. Die „hawkishe“ Begleitmusik und die nicht unerwartete Ankündigung einer Pause hat die zehnjährigen Anleiherenditen in Richtung Jahreshoch getrieben und aus der Jahresendrally am Aktienmarkt zunächst den Stecker gezogen. Dabei hat sich nichts Grundlegendes in der Einschätzung der Fed geändert. Zwar ist der Zinssenkungspfad nun nicht mehr so klar vorgezeichnet wie noch von ein paar Monaten, dennoch dürfte die Geldpolitik auch 2025 mit tieferen Zinsen unterstützend sein. Was sich aber inzwischen geändert hat, sind die Bewertungen für Aktien. Die Risikoprämie für den S&P 500 liegt jetzt im negativen Bereich. Zudem sind Faktoren wie die Gewinn- und Margenstärke der US-Wirtschaft mittlerweile Konsens geworden. Da aber der Anleihemarkt absolut betrachtet auch nur mittelmäßig attraktiv erscheint, tendieren wir in den kommenden Monaten zu einer ausgewogenen Portfoliostruktur mit neutraler bzw. leicht offensiver Ausrichtung. Womit kleinere Korrekturen wie im Dezember auch Kaufgelegenheiten bleiben.

 

Wachstum, Inflation & Geldpolitik 

Weiterhin ist keine Schwäche in der US-Wirtschaft in Sicht, die Nummer Eins der Welt dürfte auch im letzten Quartal 2024 um über drei Prozent gewachsen sein. Derzeit gibt es auch wenig Schwächesignale in den Frühindikatoren. Was die bevorstehende Wirtschaftspolitik des neuen US-Präsidenten Donald Trump angeht, erwarten wir unter dem Strich eine eher wachstumsfreundliche Politik – dies gilt insbesondere für Deregulierung und Steuersenkungen. Ein Risiko bleibt das Thema Zölle. Aber wir erwarten nicht, dass sich Handelskriege entwickeln, die starke Rückwirkungen auf das Wachstum haben werden. Zusammen mit einer expansiven Fiskalpolitik und einem hohen Produktivitätswachstum sollte sich die US-Wirtschaft weiterhin sehr stark präsentieren. 

“Die Fed hat dementsprechend eine Pause im Zinssenkungsprozess signalisiert, sollte aber aufgrund der weiter fallenden Inflation ab dem Frühjahr die Zinsen weiter in Richtung 3,75 Prozent senken.”

Was die Inflation angeht, sehen wir einen stärken Rückgang als der Konsens. Zwar ist es richtig, dass in den vergangenen Monaten der Rückgang in der Teuerung eine Pause eingelegt hat und die Kerninflationsrate gemessen am Core-PCE mit 2,8 Prozent weiter über dem Fed-Ziel verharrt. Rechnet man aber die stark nachlaufende Inflationskomponente der selbstgenutzten Immobilien heraus, liegt die Kernrate bei rund zwei Prozent und damit genau auf dem Ziel. 

Zudem erscheinen uns viele der im Markt vorherrschenden Sorgen, dass die neue Trump-Administration die Inflation erneut anheizt, überzogen. Keines der genannten Argumente – höhere Zölle, expansivere Fiskalpolitik und ein Rückgang im Arbeitsangebot – ist bei näherem Hinsehen wirklich stichhaltig. Höhere Zölle können zwar zu einem temporären Preisanstieg der betroffenen Güter führen, dies ist aber ähnlich wie eine Mehrwertsteuererhöhung ein Einmaleffekt und die „Konsumsteuer“ führt zu Nachfrageausfällen an anderer Stelle. Ein Handelskrieg wäre klar disinflationär, da dieser zu einem Rückgang des Welthandels führen und einen negativen Einkommenseffekt auslösen würde, der den relativen Preiseffekt höherer Zölle um ein Vielfaches übersteigt. Die historischen Erfahrungen belegen dies klar. Was die Fiskalpolitik angeht, mag Trump zwar einige Steuern senken, wir erwarten aber trotzdem, dass er es vermeiden wird, dass das Defizit zu sehr ansteigt. Insgesamt sollte also das Umfeld in den USA durch einen weiteren moderaten Rückgang der Inflation und weitere Fed-Zinssenkungen gekennzeichnet sein. Somit bleibt das Makro-Umfeld in den USA günstig. 

Für Europa gilt dies unverändert nicht – die Wirtschaft zeigt keine Dynamik und die Arbeitsproduktivität stagniert. Dies lastet auf den Unternehmensgewinnen und letztlich hilft es dann auch nicht, dass die Europäische Zentralbank die Zinsen in den kommenden Monaten Richtung zwei Prozent senken wird. Im ersten Halbjahr wird die Eurozone insgesamt erneut nur marginal wachsen. 

China muss in diesem Jahr die Frage beantworten, ob die jüngst verabschiedeten Stimulierungsmaßnehmen die gewünschte konjunkturelle Wende einleiten können. Wir bleiben hier skeptisch. Zwar zeigen einige Indikatoren wie z.B. die Automobilverkäufe und aus dem Immobilienmarkt eine Stabilisierung, aber eine Trendwende ist nicht erkennbar. Gerade die Kreditvergabe ist unverändert schwach. 

“Letztlich zeigen die fallenden Zinsen am langen Ende der chinesischen Kurve - 10-jährige Staatsanleihen rentieren nun bei 1,7 Prozent -, dass das Land weiterhin in der Disinflation und im Nachfragemangel gefangen ist.”

Asset Allocation

Die Bedingungen für Risiko-Assets sind im Vergleich zur zweiten Jahreshälfte 2024 nun nicht mehr ganz so günstig. Zwar bleibt der Ausblick für die US-Wirtschaft insgesamt positiv, allerdings sind viele Faktoren wie die Gewinn- und Margenstärke der US-Ökonomie mittlerweile Konsens geworden. Folglich preist der Markt nicht nur für 2025, sondern auch darüber hinaus ein solides Gewinnwachstum ein. Für dieses Jahr wird im S&P 500 ein Gewinnwachstum von ca. 13 Prozent erwartet, was zwar ambitioniert klingt, aufgrund der starken Margenentwicklung dennoch realistisch ist, aber eben auch wenig Puffer für Enttäuschungen lässt. Zudem sind die Bewertungen an den US-Aktienmärkten hoch. Dies gilt sowohl gegenüber der eigenen Historie – gemessen an allen gängigen Maßstäben wie z.B. P/E, P/Sales, Dividend Yield – als auch gegenüber den Bondmärkten. Hier liegt die Risikoprämie für den S&P 500 im negativen Bereich, d.h. die „Earnings Yield“ ist unter die Rendite der 10-jährigen US-Staatsanleihe gefallen. 

Allerdings gilt auch, dass der Bondmarkt zwar gegenüber dem Aktienmarkt recht attraktiv bewertet ist, aber absolut betrachtet nur mittelmäßig attraktiv erscheint (siehe Kapitel: Anleihen). Insgesamt spricht somit vieles für eine ausgewogene Portfoliostruktur bei neutraler bzw. leicht offensiver Ausrichtung. 

Aktien

“In den USA stimmt zwar das fundamentale Bild, der Aktienmarkt aber ist recht teuer. Europa und China sind zwar günstig bewertet, dafür aber stimmt das fundamentale Bild nicht.” 

Aus unserer Sicht bleibt der US-Markt damit die bevorzugte Wahl. Die USA sind die einzige große Volkswirtschaft, die eine angebotsseitige Wirtschaftspolitik verfolgt, was den Unternehmenssektor in seiner Gewinn- und Margenstärke einzigartig macht. Zudem bleiben wir dabei, dass Künstliche Intelligenz (AI) als Investmentthema in seiner Relevanz erst am Anfang steht. Ende 2024 haben die Fortschritte im Bereich Quanten-Computing erneut gezeigt, welche Fantasie und Kurspotenziale Innovationen in diesem Bereich noch immer lostreten. Weitere Katalysatoren dieser Art werden folgen, und damit bleibt Technologie strukturell der Zukunftssektor überhaupt. Hier bleiben Investments in den USA alternativlos und sind somit Kernbestandteil unserer Aktienallokation. Etwas weniger optimistisch sind wir für die im Marktkonsens sehr positive Erwartung von US-Small Caps. Zwar begünstigen Deregulierung und niedrigere Steuern diesen Sektor und auch die Bewertungen sind tendenziell niedriger als in Large Caps. Dem stehen aber eine viel schwächere Bilanzqualität der Small Caps und eine deutlich geringere Profitabilität gegenüber. Zudem sind sie auch aus Risikoaspekten nicht unproblematisch, da sie sehr sensitiv auf Wachstumsenttäuschungen und höhere Zinsen reagieren. Folglich bevorzugen wir im gegebenen Umfeld weiterhin eher Large Caps und finden daneben Dividendenwerte – und hier insbesondere US-Financials – interessant. Diese weisen deutlich niedrigere Bewertungen als Large Cap-Wachstumsaktien auf, was im Portfoliokontext zu einer guten Diversifikation führt. 

Außerhalb der USA fällt zunächst der Fokus auf China und die Frage, ob die Stützungsmaßnahmen von Notenbank und Regierung ausreichen, um eine nachhaltige Aufwärtsbewegung am Aktienmarkt zu begründen. Wie oben beschrieben, bleibt das Reich der Mitte weiter in Disinflation und Nachfragemangel gefangen und eine erfolgreiche Reflationierung ist nicht in Sicht. Somit besteht auch weiterhin kein Grund, chinesische Aktien zu allokieren. Und was ist mit Europa? Die Antwort der internationalen Investoren ist klar: Nur wenige erwarten, dass Europa seine strukturellen Probleme lösen kann und nur wenige sind deshalb investiert. Somit ist Europa mit den niedrigsten Bewertungen aktuell die „Resterampe“ des weltweiten Kapitals. Gerade hierin aber könnte eine Chance für eine etwas bessere Performance 2025 liegen. Die monetären Konditionen werden mit weiteren Zinssenkungen der EZB und dem schwachen Euro in den kommenden Monaten weiter unterstützen. Ein Auslöser, der die niedrigen Bewertungen des Marktes wieder anheben könnte, wäre eine Verhandlungslösung im Ukraine-Konflikt. Dies könnte zumindest ein temporäres Performancefenster für europäische Aktien öffnen. Erste Investments - gerade in defensiven Titeln, die von tieferen Zinsen profitieren – erscheinen unter Rendite-/Risikoaspekten vertretbar. 

Renten

2025 sollte sich der globale Zinssenkungszyklus zwar fortsetzen, am Rentenmarkt aber ist dieser bereits umfassend antizipiert. In der Eurozone erwartet der Markt auf jeder der nächsten Sitzungen bis in den Sommer hinein eine Zinssenkung, was den relevanten Einlagenzins auf unter zwei Prozent bringen würde. Dies reflektiert die Bund-Kurve umfassend und liegt entsprechend für Laufzeiten zwischen einem und acht Jahren zwischen 2,0 und 2,2 Prozent. Dies ist wenig attraktiv. Aber auch ein Ausweichen in die Credit-Märkte hat den Makel, dass sich die Spreads hier mit unter 100 Basispunkten im europäischen Investment Grade-Bereich nahe ihren historischen Tiefständen befinden. Dennoch rechtfertigt auch der (geringe) Risikoaufschlag noch immer Allokationen in kurzen Corporate Bonds mit wenig Spread-Duration und damit Risiko. Insgesamt empfiehlt sich an den europäischen Rentenmärkten eine neutrale Duration unter einer Barbell-Konstruktion: kurze Duration bei Unternehmensanleihen und lange Duration bei Staatsanleihen. Somit wird eine möglichst hohe Rendite bei gleichzeitiger Partizipation an der Kurvensteilheit der Bundkurve im Bereich zwischen 8 und 10 Jahren und den Risikodiversifikationseigenschaften von langlaufenden Bundesanleihen erzielt. 

US-Staatsanleihen sehen wir vergleichsweise positiv. Wie beschrieben erwarten wir nicht, dass die Trump-Administration eine derart aggressive Fiskalpolitik implementieren wird und das lange Ende der Kurve eine hohe fiskalische Risikoprämie einpreist. Zudem ist es im Fall der Fed eher denkbar, dass der Markt mit den eingepreisten knapp 50 Basispunkten Zinssenkungen zu tief liegt. Die US-Kurve ist mit Renditeniveaus von durchgehend über vier Prozent relativ attraktiv und wir erwarten, dass 10–jährige Anleihen in einer Range von 4,75 und 3,8 Prozent handeln. Somit empfiehlt sich eine Durationsverlängerung am oberen Ende und vice versa. Emerging Markets-Anleihen sehen wir skeptisch, insbesondere Brasilien und Mexiko, während in China die Bedingungen für niedrigere Staatsanleiherenditen weiterhin gelten. Hier halten wir unsere Positionen. 

Währungen

Die Bewegung im US-Dollar zum von 1,12 auf 1,04 im letzten Quartal reflektiert, dass der Markt einen deutlich stärkeren Zinssenkungspfad der EZB im Vergleich zur Fed eingepreist hat. Nachdem wir in der letzten Key View auf diese Notwendigkeit hingewiesen hatten, ist der Konsens nun eine realistische Divergenz in den Notenbankzinsen. Damit sollte die Aufwertung des US-Dollar an Dynamik verlieren, ohne dass wir aber für die US-Währung pessimistisch werden. Die starke relative Performance der US-Wirtschaft und die damit verbundenen höheren realen Returns von US-Assets gegenüber den globalen Peers bleiben eine wesentliche Quelle der Dollar-Nachfrage, die es den USA weiterhin ermöglicht, ihre Defizite zu finanzieren. 

“Somit bleibt es bei unserer Prognose von vor einem Jahr, dass die US-Währung 2025 die Parität gegenüber dem Euro erreichen wird.” 

US-Dollar-Assets bleiben somit auch aus dieser Sicht für Euro-Investoren attraktiv.

Dr. Eckhard Schulte

Fondsmanager

Seit Beginn seiner beruflichen Laufbahn im Jahr 1996 beschäftigt er sich mit makroökonomischen Analysen und den Rentenmärkten.

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